In Zusammenarbeit mit dem Verein Spurensuche Harzregion e. V., dem Harzburger Geschichtsverein und der Braunschweigischen Stiftung hatte das Israel Jacobson Netzwerk am 29. Juni 2019 zu einer Doppelveranstaltung zum Thema „Koscher Kuren? Jüdische Gäste in Bad Harzburg“ eingeladen.
Am Nachmittag nahm Markus Weber die Teilnehmer mit auf einen Rundgang zu den „jüdischen Orten“ Bad Harzburgs. Weber ist Experte für die jüdische Geschichte in Bad Harzburg und Autor des Bandes „Das ist Deutschland … und es gehört uns allen“ (Appelhans Verlag 2016, 19,80€). Der Weg führte vom Jungbrunnen durch die Bummelallee, am Stadtpark entlang, zum Alten Salzwerk und schließlich in den Badepark zum Shalom-Denkmal. Eine weitere Station war das einst koscher geführte Hotel Parkhaus, hinter dem sich zeitweilig sogar eine Synagoge befand. Der Hotelbesitzer Max Hecht warb damit, internationales Publikum zu beherbergen. Die Sommerfrischler kamen zum einen aus Großstädten, wie Berlin, zum anderen aus Russland, den USA oder den Niederlanden. Auch Mitglieder der Familie Kahan waren hier bei einem Aufenthalt in der Sommerfrische untergebracht. Um 1900 waren laut Weber zehn Prozent der Gäste jüdischer Herkunft. „Die jüdischen Gäste waren ein wichtiger Teil, sie waren Willkommen“, so Weber.
Am Abend stellte die Autorin Dr. Verena Dohrn ihr Buch „Die Kahans aus Baku“ (Wallstein Verlag 2018, 29,90€) vor. Die Historikerin, mit dem Schwerpunkt jüdische Geschichte und Kultur im östlichen Europa, war im Zuge der Recherchen für eine Ausstellung auf die Geschichte dieser Ölunternehmerfamilie aufmerksam gemacht worden. In einem Koffer befanden sich Korrespondenz, Fotografien und Dokumente aus Jahrzehnten, unter anderem aus der Zeit um die Jahrhundertwende. Die Familienmitglieder hatten Kontakt gehalten und sich aus der Sommerfrische geschrieben – auch aus Bad Harzburg. Aus der Fülle des Materials verfasste die Historikerin die Familienbiografie „Die Kahans aus Baku“ und unternahm mit einem interessierten Publikum eine faszinierende Zeitreise. In der Sommerfrische wurden die Familienmitglieder vom Ersten Weltkrieg überrascht. Nur mit polizeilicher Genehmigung war es ihnen als „feindlichen Ausländern“ erlaubt, in die Sommerfrische zu fahren. Sohn Jascha verbrachte sie in Bad Harzburg. Briefe, die er sich mit seiner Cousine und späteren Frau Rosa schrieb, berichten aus dieser Zeit.